Das Infrastrukturministerium streicht die Finanzierung der sächsischen Schmalspurbahnen zusammen. Das betrifft in erheblichem Maß auch die Döllnitzbahn, welche die kleinste der sächsischen Schmalspurbahnen ist.
Die Mitteilung vom Staatsministerium für Infrastruktur und Landesentwicklung (SMIL) traf die Betriebsleitung sowie die Mitarbeiter der Döllnitzbahn GmbH wie ein Hammerschlag. Aufgrund einer Unterdeckung des Staatshaushalts kündigte das SMIL an, die Zuschüsse für die sächsischen Schmalspurbahnen von reichlich 14 Millionen Euro auf acht Millionen Euro im Jahr zu kürzen. „Damit würde die Döllnitzbahn am Abgrund stehen, so beschreibt Ingo Neidhardt, Geschäftsführer der Döllnitzbahn GmbH, den bisherigen Kenntnisstand. Das hätte schlicht das Ende bedeutet. Ein Traditionsunternehmen mit einer Geschichte von über 140 Jahren, welches in der Region Nordsachsen eine bedeutende touristische Rolle innehat.
Die Döllnitzbahn ist die kleinste der sächsischen Schmalspurbahnen, nimmt aber im Raum Nordsachsen eine wichtige Rolle in der touristischen Struktur ein Sie war schon immer ein touristischer Anziehungspunkt, welcher Reisende aus allen Regionen Deutschland nach Nordsachsen gelockt hat. Tagestouristen, Busreisende aber auch Kurzurlauber sind die häufigsten Gäste. Bei einem stabilen Fahrgastschnitt von 50.000 im Jahr beträgt der Anteil an Touristen über 55%, welche die Region besuchen und ebenfalls die touristischen Angebote im Umfeld der Bahn nutzen.
Gleichzeitig ist sie eine tragende Säule im ÖPNV für die vielen Schüler, welche mit der Bahn zur und von der Schule fahren. Deren Anteil am Fahrgastaufkommen beträgt 45%.
Finanzielle Mittel
Für die lt. Verkehrsvertrag festgelegen Kilometerleistungen werden Besteller Entgelte vom jeweilig zuständigen Verkehrsverbund bezahlt.
Diese Gelder für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sind die wichtigste Säule der Finanzierung des Unternehmens und stammen zu einem guten Teil aus sogenannten Regionalisierungsmitteln des Bundes.
Die Gelder werden jährlich vom Bund an den Freistaat ausgereicht und fließen weiter über den Zweckverband Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) an die Döllnitzbahn. „Diese Regionalisierungsmittel des Bundes sind bis 2031 festgeschrieben“, sagt Neidhardt.
Nun aber disponiert das SMIL in seiner Haushaltsnot offenbar mit Mitteln, die gar nicht dem sächsischen Staatshaushalt entstammen, sondern einfach bloß jährlich weitergereicht werden. „Das Ministerium ist der Auffassung, die Regionalisierungsmittel des Bundes nicht mehr in voller Höhe an die Schmalspurbahnen weiterzuleiten“, sagt Neidhardt.
„Alle fünf in Sachsen täglich verkehrenden Dampfbahnen sind ÖPNV, haben Verkehrsverträge bis in die 2030er-Jahre und sind im Verbund mit den jeweiligen Zweckverbänden“, sagt er. Das sei mit den Dampfbahnen kein bisschen anders als etwa mit dem RE oder der S-Bahn in Leipzig und Umgebung.
Konkret hätten diese geplanten Kürzungen für die Döllnitzbahn einen Rückgang der Besteller Entgelte von 50 Prozent bedeutet – übrigens rückwirkend ab dem 1. Januar 2025. „Das hätte zur Aufgabe der Döllnitzbahn geführt. Immerhin habe das SMIL dann noch mal nachgerechnet und seine Pläne umformuliert. In jenen 14 Millionen Euro Gesamtförderung waren auch stets Gelder für Museumsbahnen oder die Förderung von Werkstätten enthalten – und nur 10,9 Millionen Euro reine Bestellentgelte.
„Das Ministerium wollte dann nur noch diese 10,9 Millionen Euro auf acht Millionen Euro kürzen“, sagt Neidhardt. Aber auch das sei immer noch „ein Schlag ins Gesicht“ gewesen. Die unausweichliche Konsequenz wäre gewesen, den Betrieb der Schmalspurbahn um 25 Prozent zu kürzen. Auch diese Prognose hätte für die Döllnitzbahn das sichere Ende bedeutet.
„Blaues Auge“ statt „mittlerer Katastrophe“
In dieser Situation nun habe der Görlitzer Landrat Stephan Meyer ein „deutliches Schreiben“ an das SMIL und die Fraktionsvorstände sämtlicher Parteien im Landtag verschickt. „Das bewirkte ein Nachdenken zumindest in den Verkehrsfachkreisen der Regierung“, sagt Neidhardt – dem SMIL selbst schreibt er keine Verkehrsexpertise zu. Infolgedessen habe das Ministerium die Besteller Entgelte dann statt auf acht Millionen nur noch auf zehn Millionen Euro gekürzt.
Der Landkreis Görlitz ist ein Hauptgesellschafter der Zittauer Schmalspurbahn, welche als Partnerbahn eng mit der Döllnitzbahn GmbH zusammenarbeitet.
Im Endeffekt entspreche das rechnerisch einer Kürzung von zehn Prozent in diesem Jahr und sogar zwölf Prozent in 2026. „Wegen der Kostensteigerungen dynamisiert der Bund jedes Jahr seine Regionalisierungsmittel um 1,8 Prozent. Mit der Kürzung auf zehn Millionen Euro durch das Ministerium fällt diese Dynamisierung weg“, erklärt Neidhardt.
Und die bisher nach Ansicht des SMIL in diesem Jahr bereits zu viel ausgezahlten Besteller Entgelte sollen noch im ersten Halbjahr 2025 mit den zu zahlenden Besteller Entgelten verrechnet werden. „Der Freistaat meint das ernst“, sagt Neidhardt, und weiter: „Mit einer Kürzung von zehn Prozent sind wir von einer mittleren Katastrophe bei einem blauen Auge angelangt.“
Dem Görlitzer Landrat Stephan Meyer ist aber nicht nur die Rettung der Zittauer Schmalspurbahn und der Döllnitzbahn zu verdanken, sondern die erreichten Kürzungen von „nur“ zehn Prozent schließen alle Sächsischen Schmalspurbahnen ein.
Fahrplan erheblich eingedampft
Die Döllnitzbahn hat bestehende Verträge mit dem Zweckverband Nahverkehrsraum Leipzig. In diesen Verträgen ist die zu erbringende Kilometerleistung für den Dieselverkehr mit 20.000 km und für den Dampfzugverkehr mit 3.000 km pro Jahr festgelegt. Bisher wurden die Kilometerleistungen sowohl für Diesel- als auch für den Dampfbetrieb überschritten, um einen anspruchsvollen Fahrplan anbieten zu können. Da aber nur die vertraglich festgeschriebenen Kilometerleistungen letztendlich bezahlt werden, müssen mit sofortiger Wirkung alle zusätzlichen Fahrten gestrichen werden, so dass ab nur noch die Dieselfahrten in der Schulzeit übrigbleiben. Ferienfahrten werden für 2025 komplett aus dem Fahrplan genommen. Der Dampfzugbetrieb wird ebenfalls massiv eingeschränkt.
Mit einer Kürzung von 10% der Besteller Entgelte, sind wir gezwungen, von den festgelegten Kilometerleistungen für 2025 ebenfalls 10% zu reduzieren. Für 2026 werden es insgesamt 12% Reduzierung werden. Diese Sparmaßnahmen treffen aber nicht nur auf die Fahrleistungen zu.
Zusätzlich bedeutet das: Ein Mitarbeiter muss entlassen werden. Der Wiederaufbau der Dampflokomotive „Sächsische IVK“ 99 1574 wird ausgesetzt. Eine Diesellokomotive wird abgestellt. Ebenso ein Reisezugwagen. Der Bau der Stützmauer ist für 2025 ebenfalls ausgesetzt. Ob dieser dann in 2026 beginnen kann, ist noch ungewiss. Sollten bauliche Sicherheitsbedenken auftreten, muss die Strecke zum Hauptbahnhof Oschatz ab Oschatz Süd für den Zugverkehr komplett gesperrt werden. Einen Schienenersatzverkehr wird es nicht geben. Genau so hat der Geschäftsführer der Döllnitzbahn Ingo Neidhardt es auch bei einer Betriebsversammlung am Montag den Mitarbeitern mitgeteilt.
Ganz hat er die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Vom Freistaat werde es definitiv nicht mehr Geld geben, aber: „Jetzt ist die Region gemeinsam mit dem ZVNL aufgerufen, darüber nachzudenken, ob sie das so will.“ Die durch die Kürzung entstehenden finanziellen Einbußen entwickeln sich rasch zum Multiplikator für die gesamte touristische Region Nordsachsens. Man muss aufpassen, dass der mühsam aufgebaute Tourismus in der Region nicht dem Sparpaket zum Opfer fällt.
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